Das Fahrassistenzsystem von Tesla stand in der Vergangenheit schon oft in der Kritik.

Seit Jahren gibt es Diskussionen über die Sicherheit von Teslas Autopilot-System. Während das Unternehmen betont, dass die Technologie das Fahren sicherer macht, kritisieren unabhängige Forscher die Art und Weise, wie Tesla seine Sicherheitsdaten präsentiert. Der Vorwurf: Die veröffentlichten Zahlen seien teils irreführend, schwer nachvollziehbar und würden nachträglich angepasst, sodass eine unabhängige Bewertung kaum möglich sei.

Fehlender Kontext

Die Debatte über Teslas Sicherheitsstatistiken begann bereits 2018, als das Unternehmen erstmals Zahlen zur Unfallrate mit aktiviertem Autopilot veröffentlichte. Diese schienen auf den ersten Blick beeindruckend: Demnach waren Fahrzeuge mit eingeschaltetem Autopilot deutlich seltener in Unfälle verwickelt als andere Autos auf US-Straßen. Doch Experten stellten schnell fest, dass diese Zahlen wichtige Faktoren unberücksichtigt ließen.

Zum einen ist der Autopilot vor allem auf Autobahnen aktiv, wo das Unfallrisiko generell niedriger ist als auf Landstraßen oder im städtischen Verkehr. Zum anderen sind Teslas meist hochpreisige Fahrzeuge mit umfassender Sicherheitsausstattung – eine Vergleichbarkeit mit älteren, günstigeren Fahrzeugen anderer Hersteller ist daher zu relativieren. Das führt auch zu den Fahrern selbst: Bei Tesla-Besitzern handle es sich statistisch gesehen häufiger um wohlhabendere und tendenziell vorsichtiger fahrende Personen, was das Risiko weiter senkt.

Nachträgliche Änderungen

Die Intransparenz geht jedoch über fehlenden Kontext hinaus. Tesla hat in der Vergangenheit mehrfach bereits veröffentlichte Daten überarbeitet, was es für Experten nahezu unmöglich macht, eine klare Entwicklung der Unfallzahlen zu verfolgen. Wired berichtet in diesem Zusammenhang, dass Tesla 2023 sämtliche bisher veröffentlichten Sicherheitsstatistiken neu kategorisierte. Zuvor gab es drei Gruppen: Unfälle mit aktiviertem Autopilot, ohne Autopilot, aber mit aktiven Sicherheitsfunktionen, und Unfälle ohne Autopilot und ohne Sicherheitsfunktionen. In der neuen Darstellung wurden die beiden letzten Gruppen zusammengefasst.

Der unabhängige Forscher Noah Goodall entdeckte dabei eine Unstimmigkeit: Die neue “ohne Autopilot”-Kategorie entsprach nicht der erwarteten Durchschnittszahl der beiden vorherigen Gruppen, die “ohne Autopilot” angaben, sondern lag auffällig nahe an den Werten für Fahrzeuge ohne jegliche Sicherheitsfunktionen. Dies legt nahe, dass Tesla möglicherweise versucht, die Unfallrate für Fahrten ohne Autopilot künstlich zu erhöhen.

Goodall veröffentlichte eine Analyse zu den Unstimmigkeiten und kritisierte Teslas Vorgehensweise scharf: “Tesla veröffentlicht Zahlen, die schon auf den ersten Blick zweifelhaft wirken – und wenn man sie genauer betrachtet, sind sie es erst recht”, so der Forscher. Anstatt fragwürdige Daten zu korrigieren, werde die Berechnungsmethode verändert und weiter intransparent gemacht, kritisiert Goodall schließlich.

Aggressive Verteidigung statt Transparenz

Der Mangel an unabhängiger Überprüfung bleibt ein zentrales Problem. Während andere Hersteller zu autonomer Fahrzeugtechnik – etwa Waymo – regelmäßig wissenschaftliche Berichte über ihre Systeme veröffentlichen, gibt es von Tesla keine vergleichbaren Daten. Statt öffentlicher Datensätze gibt es “nur kleine Informationshäppchen, die, wenn Forscher sie im Kontext untersuchen, wirklich verdächtig wirken”, kritisiert auch Bryant Walker Smith, Ingenieur und Professor für Recht an der University of South Carolina, gegenüber Wired.

Elon Musk selbst geht regelmäßig gegen kritische Berichterstattung vor. Bereits 2018, als die US-Verkehrsbehörde NHTSA eine fehlerhafte Statistik veröffentlichte, die einen angeblichen Sicherheitsvorteil von 40 Prozent durch den Autopilot auswies, verteidigte Musk das System vehement. Auch als die NHTSA den Fehler eingestand, hielt Musk an seiner Darstellung fest und bezeichnete kritische Medienberichte als “unglaublich unverantwortlich”. Seiner Ansicht nach könnten solche Artikel Menschen dazu bringen, den Autopilot abzuschalten – was laut ihm tödliche Folgen haben könnte.

Strategisches Umdenken erforderlich

Generell unterscheidet sich Tesla in vielerlei Hinsicht von anderen Autoherstellern: Das Unternehmen verzichtet weitgehend auf klassische Werbung und verlässt sich stattdessen auf eine engagierte Fangemeinde, die in sozialen Netzwerken regelmäßig die Vorzüge der Marke lobt.

Dies führte bislang tendenziell dazu, dass viele positive Aussagen über die Autopilot-Technologie nicht von unabhängigen Quellen stammten, sondern aus einer Community, die Tesla enthusiastisch unterstützt. Logisch: Wer viel Geld für ein Fahrzeug ausgibt, wird nur ungern zugeben, dass sich die ausgegebene Summe möglicherweise nicht im Wert des Produkts widerspiegelt.

Teslas Strategie kann in diesem Zusammenhang aber nur so lange funktionieren, wie der Status einer Kultmarke aufrechterhalten wird – und dieser Lack hat in letzter Zeit ordentlich Kratzer abbekommen. Das zeigt sich besonders in Europa, wo Tesla mit massiven Absatzproblemen kämpft. Während der Gesamtmarkt für Elektrofahrzeuge wächst, sind die Verkäufe des US-Herstellers in Ländern wie Deutschland, Frankreich und Norwegen drastisch eingebrochen.

Beobachter führen dies weniger auf eine erstarkende Konkurrenz zurück, sondern auf die wachsende Kontroverse um Elon Musk selbst. Sein politisches Engagement, seine Nähe zu rechten Bewegungen und provokante öffentliche Auftritte haben Tesla in vielen Märkten in Verruf gebracht. Selbst in den USA hat das Unternehmen den schlechtesten Beliebtheitswert seit Beginn der Erhebung im Jahr 2016 erreicht. Immer häufiger lassen Besitzer sogar ihre Tesla-Logos entfernen, um nicht mit der Marke in Verbindung gebracht zu werden – spätestens zu so einem Zeitpunkt sollten bei Tesla die Alarmglocken schrillen, dass ein Umdenken in Außendarstellung und Kommunikation dringend nötig wäre.